Entsorgung von Solarpanels: der Faktencheck zum Photovoltaik-Recycling
Alles zum Thema Entsorgung und Recycling von Photovoltaikanlagen
Zahlen und Fakten zum PV-Markt in der Schweiz
Wie lang ist die Lebensdauer einer Photovoltaikanlage?
Eine Photovoltaik-Anlage ist für eine Lebensdauer von über 25 Jahren ausgelegt. So lange bestehen zumindest die Garantien der Hersteller. In der Realität bleiben die Anlagen meist viel länger einsatzfähig. «Es kann durchaus von einer Lebensdauer von 30 bis 40 Jahren ausgegangen werden», sagt Sergio Taiana, Projektleiter Photovoltaik bei ewz.
Wie viele Solaranlagen werden in der Schweiz installiert und entsorgt?
1982 ging die erste Photovoltaikanlage der Schweiz ans Netz. Im grossen Stil wird die Solarenergie aber erst seit den 2010er-Jahren genutzt. Im Kanton Zürich sind derzeit ca. 3 Millionen PV-Module installiert, in der Schweiz etwa 23,5 Millionen.
Die Menge an ausgedienten Solarpanels wird daher künftig massiv zunehmen, und das Thema Photovoltaik Recycling wird immer wichtiger. 2022 wurden in der Schweiz rund 50’000 Module mit einem Gesamtgewicht von 1’000 Tonnen entsorgt. So soll die Menge bis ins Jahr 2030 um das Zehnfache ansteigen.
Erwartete Zunahme/Menge von PV-Altmodulmengen in der Schweiz
(Theoretisch erzeugte und effektiv gesammelte PV-Altmodulmengen in der Schweiz)
Quelle: AWEL
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Die Schweiz verfügt über ein etabliertes Recyclingsystem für Solaranlagen
Wie ist die PV-Entsorgung in der Schweiz organisiert?
Solarpanels gehören zu den elektrischen Geräten, deren Rücknahme und Entsorgung in einer Verordnung des Bundes geregelt ist – unabhängig vom Hersteller. Alle Händler*innen sind verpflichtet, Altgeräte kostenlos zurückzunehmen und dem fachgerechten Recycling zuzuführen.
Ausgeführt wird die Entsorgung von Solarpanels durch SENS eRecycling (Stiftung SENS), die im Auftrag des Branchenverbandes Swissolar ein umfassendes Recyclingsystem aufgebaut hat. SENS organisiert die Sammlung, den Transport und das Recycling der ausgedienten PV-Module.
Wer übernimmt die Kosten des PV-Recyclings?
Finanziert wird das Recycling durch einen vorgezogenen Recyclingbeitrag, der bereits beim Kauf der Solaranlage erhoben und von den Kund*innen bezahlt wird. Hat die Anlage das Ende ihres Lebenszyklus erreicht, ist das Photovoltaik Recycling also bereits bezahlt. Kosten entstehen einzig für die fachgerechte Demontage der alten oder beschädigten Solarmodule.
Enthalten sie gefährliche und knapp verfügbare Stoffe? Nein.
Der Weg der ausgedienten Solaranlagen vom Dach bis ins PV-Recyclingwerk
Wie kommen die demontierten PV-Module zur Sammelstelle?
Einzelne Module (max. 10 Stück) können kostenlos an einer der über 500 SENS-Sammelstellen abgegeben werden. Grössere Mengen müssen auf Paletten gestapelt werden und werden direkt vor Ort abgeholt.
Für das Recycling ist es wichtig, dass die PV-Module in unbeschädigtem Zustand sind und keine Bestandteile entfernt wurden.
Was geschieht mit den alten Photovoltaik-Modulen?
Die SENS-Sammelstellen nehmen die PV-Module entgegen. Wechselrichter, Schaltungen und Elektronik verarbeiten die Elektronik-Recycling-Unternehmen im Auftrag von SENS. Die Demontage und das eigentliche Recycling aller Materialien erfolgen im deutschen Betrieb Reiling, der sich auf das PV-Recycling spezialisiert hat.
In der Schweiz gibt es zurzeit noch kein PV-Recycling-Werk, da die jährliche Menge an entsorgten Modulen noch zu gering ist.
Recylingsystem von Solaranlagen in der Schweiz
(und wer die Kosten übernimmt)
Quelle: Sens
So werden Solarmodule im Recyclingwerk rezykliert
Aus welchen Materialien besteht ein Solarmodul überhaupt?
Über 95 Prozent aller auf der Welt produzierten und 99 Prozent in der Schweiz verbauten Solarmodule bestehen aus dem Halbleitermaterial Silizium.
Silizium hat den Vorteil, dass es in ausreichenden Mengen vorhanden und die Verarbeitung und Entsorgung des Kristalls umweltverträglich ist. Daneben besteht das Solarmodul aus einer Glasscheibe, die sich zum Schutz gegen Hagel und Verschmutzung auf der zur Sonne gewandten Seite befindet.
Über dem Glas umfasst das Panel eine Verbundfolie für die Zellen aus Verkapselungsmaterial (EVA), eine Rückseitenfolie oder ein Rückseitenglas sowie einen Aluminiumrahmen für die Festigkeit – alternativ gibt es auch rahmenlose Module für Dachintegrationen. Der Strom wird über eine Anschlussdose und zwei Kabel abgeleitet.
Die Rohmaterialien in PV-Modulen
Quelle: Swissolar.ch
Wie funktioniert das kostenlose PV-Recycling?
Das PV Recycling besteht aus mehreren Schritten:
- Zuerst werden die Elektrokabel, die Anschlussdose und der Metallrahmen entfernt.
- Die freigelegten Module werden zerkleinert und die verschiedenen Materialien mittels Trennverfahren sortiert.
- Die Silizium-Wafer werden traditionell zusammen mit dem Glas wiederaufbereitet. Sie werden für die Produktion von Flachglas oder Baudämmstoff aus Glaswolle wiederverwendet. Hierbei sind der Firma Reiling 2024 zwei technologische Durchbrüche gelungen:
Zum einen kann neuerdings Silizium im industriellen Massstab zurückgewonnen und wiederverwendet werden. Zum anderen erzielt das zurückgewonnene Rezyklat eine so hohe Qualität, dass es erneut in hochwertigen Schmelzanwendungen der Glasindustrie eingesetzt werden kann. - Die Metalle werden extrahiert und für die Wiederverwertung in Schmelzwerke transportiert.
- Die Verbund- und die Rückseitenfolie werden verbrannt, um Strom oder Wärme für die Zementproduktion zu erzeugen.
Wie viele Wertstoffe eines Solar-Moduls können wiederverwendet werden?
Irrtümlicherweise ist die Meinung weitverbreitet, dass PV-Module viele gefährliche und knapp verfügbare Stoffe enthalten. Dem ist jedoch nicht so.
Anders als viele Elektrogeräte enthalten Solarpanels nur wenig Schadstoffe und viele wertvolle Rohstoffe, die wiederverwendet werden können. Grundsätzlich lässt sich alles verwerten ausser die Verbundfolie, die den Solarmodulen Stabilität verleiht. Sie kommt zusammen mit nichttrennbaren Bestandteilen in die Kehrichtverbrennung. «Alles in allem sind rund 77 Prozent eines Solarmoduls recycelbar», sagt Roman Eppenberger, Verantwortlicher Technologie & Qualität bei SENS eRecycling.
Die Photovoltaik-Recycling-Strategie von ewz
Wie werden die Photovoltaikanlagen von ewz entsorgt und recycelt?
ewz gehört zu den Solarpionieren in der Schweiz. Der Energiedienstleister baut und betreibt in der Stadt Zürich grosse Solaranlagen auf öffentlichen und privaten Gebäuden. Der Energiedienstleister finanziert (Contractings) oder verkauft PV-Anlagen an Gebäudebesitzer*innen – auch schweizweit.
Zudem produziert ewz Solarstrom auf Flächen und Infrastrukturbauten im hochalpinen Raum, beispielsweise an der Albigna-Staumauer.
Durch das erfolgreiche Beteiligungsmodell ewz.solarzüri ist Solarstrom auch für Mieter*innen erhältlich.
Die erste ewz-Anlage ging 1996 ans Netz. «Bisher hat noch keine einzige unserer Anlagen das Lebensende erreicht und musste entsorgt werden», sagt Sergio Taiana, «aber die ersten Anfragen werden wohl demnächst kommen.» Da ewz zu den über 1’200 Vertragspartner*innen von SENS gehört, sei die Entsorgung für alle Kund*innen gewährleistet: «Jede unserer PV-Anlagen wird unabhängig vom Hersteller fachgerecht rezykliert», sagt Sergio Taiana, Projektleiter Photovoltaik bei ewz.
ewz prüft neues Serviceangebot
Damit die Entsorgung und das Recycling für Geschäftskund*innen noch einfacher wird, prüft ewz im Hinblick auf 2025 ein zusätzliches Angebot. Durch einen neuen Servicevertrag sollen die Anlagen so langlebig wie möglich gemacht werden, und nach der Instandhaltung soll neu auch noch die Demontage der ausgedienten Anlage inkludiert sein.
Die Zukunft des Solarzellen-Recyclings
Infrastruktur: mehr spezialisierte Recycling-Anlagen?
Da in den nächsten Jahren immer grössere Mengen an Altmodulen ihr Lebensende erreichen, wird das Thema PV-Recycling immer wichtiger und es bestehen verschiedene Bestrebungen, die Wiederverwertung zu optimieren. Zum einen entstehen in verschiedenen Ländern die ersten grossen Recycling-Anlagen, die auf Solarmodule spezialisiert sind.
«Wenn eine kritische Rücknahmemenge überschritten wird, lohnt sich ein solches Werk dereinst auch in der Schweiz», ist Roman Eppenberger von SENS überzeugt. Damit würden die Transportwege kürzer und die Öko-Bilanz noch besser.
Innovationen: Wie lässt sich die Recyclingquote erhöhen?
Ein weiteres Ziel ist es, die Recycling-Quote von heute 77 Prozent zu erhöhen, um bei der Entsorgung von Solarpanels möglichst viel wiederzuverwerten. Dazu existieren diverse Forschungsvorhaben. Ein Hauptthema dabei ist eine einfachere Trennung der Komponenten und eine bessere Rückgewinnung der edleren Bestandteile wie Silizium und Silber aus den PV-Zellen.
Ein anderer Schwerpunkt betrifft die Reinheit der Glasfraktion. Sie soll so weit verbessert werden, dass sie auch für höherwertige Produkte verwendet werden kann. «Noch ist das Zukunftsmusik, aber im Idealfall ist dereinst eine Recyclingquote von 85 Prozent möglich», sagt Experte Roman Eppenberger.
Re-Use: ein zweites Leben für Photovoltaik-Module?
Immer wichtiger wird auch das Thema Re-Use, also das Potenzial eines zweiten Lebens für Solarzellen. Forschungen haben gezeigt, dass rund die Hälfte aller ausrangierten Module kein Abfall, sondern noch gut genug sind, um sie auf dem Dach zu belassen oder als Secondhand-Module weiterzuverwenden, da sie nach 20 Jahren immer noch über 90 Prozent ihrer ursprünglichen Leistung verfügen.
Deshalb haben SENS eRecycling und Swissolar zusammen mit der Berner Fachhochschule und weiteren Partnern aus der Solarbranche das Projekt Swiss PV Circle lanciert. Das Projekt soll Geschäftsmodelle mit dem Ziel entwickeln, die Wiederverwendung von PV-Modulen in der Schweizer Solarbranche zu etablieren und damit auch deren Lebensdauer zu verlängern.
Mehr zu Solarenergie für Unternehmen, Förderbeiträgen und Beratungsleistungen sowie Ideen für Mieter*innen gibt es direkt bei ewz.