Magazin Rubriken Klimawandel Schweiz

CO2-Gesetz: …eine Kunst, die niemand kann.

Kolumne von christof drexel, 30.6.2020
Portrait Christof Drexel

Buchautor und Referent Christof Drexel ist Experte für Fragestellungen rund um die Energiezukunft und deren nachhaltige Erreichbarkeit. Mehr zu seiner Person im Portrait.

Mit der Aufgabe, die globale Erwärmung zu stoppen, steht unsere Zivilisation vor der grössten Herausforderung ihrer Geschichte. Es gibt Leichteres, als dieses Vorhaben in Gesetze zu giessen. Darüber hinaus brauchen Gesetze Mehrheiten, vertreten durch politische Parteien – eine (oft komplexe) Lösungsstrategie kann zwar zielführend, aber mitunter nicht mehrheitsfähig sein. Vor diesem Hintergrund darf ich den vorliegenden Entwurf des CO2-Gesetzes (siehe beispielsweise zusammengefasst bei Watson) respektvoll und dennoch kritisch kommentieren.

Man kann darüber diskutieren, ob die gesetzlichen Massnahmen für die angestrebte Reduktion ausreichen. Immerhin sind die grössten (inländischen) Emittenten adressiert: Flug- und Autoverkehr, Heizungen. Wird aber der Lenkungseffekt im erhofften Ausmass eintreten?

Wichtiger scheint mir jedoch die offene Diskussion über die Zielsetzung: Genügt die Reduktion der Treibhausgas-Emissionen in der Schweiz um 50% bis 2030 (wovon wiederum ein Viertel im Ausland kompensiert werden darf)? Das Problem: Es gibt einen Unterschied zwischen territorialen (also in der Schweiz emittierten) Treibhausgasen und jenen, die durch die Schweizer Bevölkerung verursacht werden. Letztere finden nämlich zum überwiegenden Teil im Ausland statt.
Die Pro-Kopf-Emission im Inland liegt mittlerweile unter 6 Tonnen CO2-Äquivalent (Tendenz fallend), die verursacherbasierte Emission liegt demgegenüber relativ konstant bei 14 Tonnen (siehe auch unsere Kolumne Graue Energie. Graue Emissionen.). Wenn nun also 37,5% der inländischen Emissionen (im Inland) durch das neue CO2-Gesetz reduziert werden sollen, entspricht das – leider – nur rund 15% des tatsächlichen Fussabdrucks. Zusätzliche 5% sollen im Ausland durch andere Massnahmen kompensiert werden – macht 80%, die verbleiben. Das ist zu viel.

Ich fürchte, die Strategien müssen tiefer greifen.
– Den grössten Teil der «importierten» Emissionen macht die Ernährung aus. Strategie: Landwirtschaft aufwerten. Lenkungsmassnahmen, die den Fokus auf regionale, saisonale Lebensmittel mit kleinem Fussabdruck, also in Bioqualität, richten. Volkswirtschaftlicher Co-Benefit: Entlastung des Gesundheitswesens.
– Nummer zwei sind importierte Konsumgüter, etwa Bekleidung und Schuhe, aber auch vieles andere.
– Nummer drei: Bauen, speziell die Importe von Zement, Stahl und Glas.
– Nummer vier: Fahrzeugimporte.
Die Strategien (samt angenehmen Nebeneffekten) hierfür sprengen den Rahmen dieses Meinungsbeitrags.

Doch müssten wir nicht genau diese Diskussion führen? Reicht es aus, Gebäude zu dämmen und elektrisch betriebene Autos zu fahren? Beides ist wichtig, bringt aber nur dann den erhofften Effekt, wenn wir gleichzeitig an der langfristigen, klimaneutralen Struktur unserer Gesellschaft arbeiten. Aber ich weiss: Allen Menschen recht getan …

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Kommentare

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Bisherige Kommentare (2)
gerry sagt:

Guter Artikel! Hier noch Ergänzungen…
Wir sollten von Treibhausgasen und Luftqualität sprechen.
CO2 ist ein wichtiges Thema, aber nicht das einzige. Methan und unsere (Auto) Klimamittel etc. sind noch viel gefährlicher!
Mit am wenigsten Aufwand schnelle Erfolge realisieren, darum geht es! Das Abstimmungspaket trägt dem nicht Rechnung! Wo bleibt die Möglichkeit, dort wo es sich lohnt, schnell und wirtschaftlich umzusetzen. Mit TREIBHAUSGAS Malus-Zahlungen könnten dann die Quick-Wins an den besten Stellen umgesetzt werden (analog CO2 Zert.Handel, aber richtig)!
Ich möchte ein CO2 / Energie Guthaben, über das ich selbst entscheiden kann, ob ich weniger Auto fahre, nicht fliege und dafür mit rel. sauberem Gas heizen möchte, was auch nachhaltig möglich wäre.
[Link von der Redaktion entfernt]

Al So sagt:

Globale Erwärmung zu stoppen ist ein unsinniger Versuch. Was wissen wir überhaupt von der Natur.