Magazin Rubriken Energieeffizienz
Illustration eines geöffneten Buchs, zwischen dessen Seiten Menschen eintreten oder herausschauen.

Energieautark wohnen: Geht das (wirtschaftlich)?

Kolumne von christof drexel, 02.02.2021

Ja, das geht. Ob es sinnvoll und auch erschwinglich ist, energieautark zu wohnen, ist freilich eine ganz andere Frage.

Genau dieser Frage durfte ich im Rahmen einer Studie (HyLiving) nachgehen: Kann an einem Gebäude so viel Sonnenenergie geerntet werden, dass der im Sommer gespeicherte Überschuss für den Winter ausreicht? Und wenn ja, lässt es sich wirtschaftlich irgendwie abbilden?

Worum es genau geht: Ein Gebäude wird so gebaut, dass es sehr sparsam betrieben werden kann und grundsätzlich mit wenig Energie auskommt. Dazu wird eine grosse Photovoltaikanlage errichtet, die im Sommer viel mehr Energie erntet, als benötigt wird. Mit den Überschüssen wird Wasserstoff produziert und gespeichert. Im Winter wird eine Brennstoffzelle dazu verwendet, um aus dem Wasserstoff wieder elektrische Energie zu erzeugen. Die Abwärme der beiden Umwandlungsprozesse kann für die Raumheizung und das Warmwasser genutzt werden.

Warum das überhaupt gemacht wird: Im Lauf der nächsten Jahre drohen Engpässe beim «Winterstrom»; ich habe Ende letzten Jahres darüber geschrieben. Es gibt einige Lösungsansätze, und wir werden mehrere davon brauchen. Die saisonale Speicherung von Energie gehört dazu, es ist aber noch offen, auf welcher Ebene diese Speicherung erfolgen soll. Im Einfamilienhaus ist eine solche Lösung zwar auch machbar (es sind schon Systeme auf dem Markt, hier ein Beispiel mit anschaulicher Erklärung), wirtschaftlich wird es aber bestenfalls im grösseren Mehrfamilienhaus. Vielleicht stellt sich die Quartier- oder Stadtgrenze als die beste Grössenordnung heraus; vielleicht wird aber auch überhaupt zentral für eine ganze Region gespeichert. Wir wissen es noch nicht.

Zum einen gilt nämlich: Je grösser die Anlage, umso wirtschaftlicher kann sie gebaut und betrieben werden. Zum anderen aber: Je kleiner die Anlage, umso besser kann die Abwärme genutzt werden und umso weniger werden die Netze belastet respektive müssen sie ausgebaut werden.

Jedenfalls zeigt diese Studie, dass sich die Technologie rasant entwickelt und die Bausteine für die erneuerbare Vollversorgung und damit energieautarkes Wohnen zur Verfügung stehen. Dass es funktioniert, hat ein Schweizer Leuchtturmprojekt schon bewiesen. Dass eine wirtschaftliche Anwendung in Sichtweite ist, stellt aber doch eine kleine Überraschung dar.

Artikel teilen

weitere Artikel

Mit Biomasse gegen Stromengpässe?
Kolumne
Gebäude­sanierung: Effizienz vor Erneuerbaren!
Kolumne
Portrait Christof Drexel
CO2 in industriellen Prozessen vermeiden
Kolumne
Illustration des Labels 2000-Watt-Areal
So funktionieren 2000-Watt-Areale
2000-Watt-Gesellschaft
Ein Super-Elektro­­motor? Die Entwickler geben ihre Forschungs­­daten frei
E-Mobilität Schweiz
Eine Luftaufnahme vom Pflegezentrum Entlisberg mit eiber Photovoltaikanlage auf dem Dach.
Mehr Solarstrom für Zürich – doch wo liegen die Grenzen?
Solarenergie
Globale Erwärmung und wer (oder was) sie verschuldet
Kolumne
Illustration eines Menschen in Unterwäsche mit einer Glühbirne als Kopf
Energieberatung in einem Darkroom. Lohnt sich das?
Energie sparen
Kommentare

1500 Zeichen übrig

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht publiziert.