Magazin Rubriken 2000-Watt-Gesellschaft
Nahaufnahme einer der 150 Drohnen mit der Stadt Zürich im Hintergrund

3, 2, 1, Start

Der Countdown läuft: Das Züri Fäscht rückt immer näher und mit ihm – so viel sei verraten – auch eine atemberaubende Drohnenshow. Doch selbst wenige Stunden vor dem grossen Fest laufen die Vorbereitungen noch immer auf Hochtouren. Und die Aufregung ist förmlich spürbar, als ich mit der Crew auf der grossen Plattform mitten auf dem Zürichsee stehe, um die ersten Probeflüge der Drohnen hautnah mitzuerleben.
von Giulia Bernardi, 04.07.2019

Zürich, dich kenne ich ja eigentlich ganz anders. Immer busy, immer auf Trab. Aber heute, heute nimmst du’s mal gemütlich. Die Sonne scheint angenehm warm, deine Wiesen sind mit bunten Badetüchern ausgelegt, während lachende Menschen über deine Strassen schreiten – in der Hoffnung, noch einen letzten Zentimeter auf deinem grünen Gras zu finden. Und während ich das Geschehen von meinem Fahrrad aus beobachte, scheint mir für einen Moment, als ob du etwas weniger rastlos wärst. Als ob du dir für einen Moment gedacht hättest: «Mol, heute nimm ich’s mal easy.»

Doch dieser Moment hält nicht lange an, denn im Herzen, liebes Zürich, bist du eben doch eine Macherin. Besonders dann, wenn eines deiner grössten Feste bevorsteht; rund zwei Millionen Besucherinnen und Besucher werden am diesjährigen Züri Fäscht erwartet. So laufen nicht nur bei den städtischen Betrieben die Vorbereitungen auf Hochtouren; auch die Crew des internationalen Tech-Unternehmens SKYMAGIC, die dieses Jahr für die Drohnenshow verantwortlich ist, hat so einiges zu tun – schliesslich ist es auch die erste öffentliche Drohnenshow in der Schweiz, die über deinem Seebecken stattfindet.
So werden am Freitag und Samstag 150 Drohnen in die Luft steigen und anhand programmierter Flugmuster Animationen und Bilder am Nachthimmel formen. Doch wie eine solche Show entsteht, liebes Zürich, sollen mir die Macher*innen verraten.

Jede Drohne kennt ihren Platz

Also nehme ich es selbst in die Hand und radle zum Strandbad Mythenquai, wo sich die Mitarbeitenden von SKYMAGIC bereits einquartiert haben, um die wichtigen Probeflüge durchzuführen.
In einem grossen, weissen Zelt liegt das Material, das das zehnköpfige Team an diesem Wochenende benötigt. Auf dem Boden stehen ein Dutzend Drohnen, die als Reserve für eventuelle Ausfälle dienen; ein langer Tisch ist mit zahlreichen Ladegeräten und -kabeln bedeckt, mit denen die Akkus der Drohnen nach jeder Show aufgeladen werden. Schon allein diese Beobachtungen liefern einen ersten Hinweis darauf, wie viel Organisation und Planung eine solche Show mit sich bringt. Doch die Arbeit findet nicht nur vor Ort, sondern bereits im Vorfeld statt. Jede Drohne wurde beispielsweise so programmiert, dass sie, sollte während des Fluges ein Problem auftreten, zur Startposition zurückkehrt oder am nächstmöglichen Ort landet. Entsprechend unkompliziert können einzelne Drohnen durch eine von jene ersetzt werden, die nun im Vorbereitungszelt stehen. Die restlichen Roboter befinden sich bereits auf der Startposition – auf einer schwimmenden Plattform mitten auf dem Zürichsee.

Blick ins Zelt, in dem das Material gelagert wird
Nahaufnahme der Akkus der Drohnen
Skymagic-Mitarbeiter sitzt auf Wiese und prüft die Rotoren von drei Drohnen
Männer tragen Material Richtung Boot. Im Hintergrund das Materialzelt.

Wie ein neugieriges Kind mit einer viel zu grossen Schwimmweste

Dass die Drohnen vom See aus abheben, hat technische Gründe. Die Show findet während sieben bis neun Minuten über dem Wasser statt; danach müssen die Drohnen für ihren nächsten Flug aufgeladen werden. Würden diese vom Ufer aus abheben und schliesslich wieder dort landen, würde der Hin- und Rückflug die Show beträchtlich verkürzen. Obwohl es technisch möglich wäre, die Roboter länger fliegen zu lassen, sieht SKYMAGIC davon ab: Aus Sicherheitsgründen werden die Akkus nicht bis unter 40 Prozent ausgelastet. In der Leistungsfähigkeit der Akkus liegt gemäss dem technischen Leiter, Stuart Fairhurst, denn auch das grösste Innovationspotenzial.

Um die Show zu ermöglichen, wurde speziell für das Züri Fäscht eine Plattform angefertigt, die ich nun mit einem Motorboot erreiche. Schon von Weitem sehe ich die 150 Drohnen, die in einem quadratischen Raster angeordnet sind. Und als ich auf die erstaunlich ruhig im Wasser liegende Plattform steige und zwischen den Drohnen umhergehe, fühle ich mich wie ein neugieriges Kind mit einer viel zu grossen Schwimmweste. «Hoi, darf ich dich mal was fragen?», spreche ich einen Mitarbeiter nach dem anderen an. «Also, es ist so …», beginnen sie ihre Antworten, während sie über die Plattform schlendern, um mir die technischen Feinheiten näherzubringen. Und davon gibt es einige.

Überfahrt mit dem Boot auf die Plattform
Blick auf die Plattform mit der Stadt Zürich im Hintergrund
Mitarbeiter von Skymagic stehen auf der Plattform, umgeben von den aufgestellten Drohnen
Orange Drohne von oben fotografiert
Drei Männer von Skymagic stehen auf der Plattform inmitten der aufgereihten Drohnen

Tanz und letzte Vorbereitungen

Bevor die Probeflüge losgehen, müssen die Drohnen erst mal kalibriert werden, wie es Stuart Fairhurst mir beschreibt. Diesen Arbeitsschritt nennt er humorvoll «calibration dance», denn der Prozess ähnelt tatsächlich etwas einem Tanz: Dabei heben die SKYMAGIC-Leute jede Drohne einzeln hoch und drehen sie um die eigene Achse, um ihren Kompass zu kalibrieren. Der «calibration dance» ist wichtig, damit die Drohnen nach jeder Show wieder an der vorgegebenen Stelle landen. Die Startpositionen werden gerade von einigen Mitarbeitern markiert: Mit einem schwarzen Filzstift zeichnen sie ein Quadrat um jede Drohne, damit nachvollziehbar wird, ob sie nach dem Flug präzise landet oder nochmals kalibriert werden muss. Gleichzeitig gehen zwei Programmierer mit ihren Laptops zwischen den Drohnen hindurch und überprüfen die Software: Sie zeigen auf den Bildschirm, nicken mit den Köpfen, um anschliessend weiterzugehen.

Ein weiterer Programmierer sitzt an einem Tisch und starrt konzentriert auf seinen Laptop. Er ist für die Lichtshow verantwortlich, wie mir jemand von der Crew verrät. Die Bilder, die die Drohnen am Nachthimmel formen, können wir als Zuschauer nur dank der LEDs sehen, die unterhalb der Roboter platziert sind. Entsprechend muss nicht nur das Flugmuster programmiert werden, sondern auch das Lichtmuster: Wann welche Drohne in welcher Farbe leuchten soll, ist genau definiert. Dies ist auch im Hinblick auf die musikalische Untermalung von Bedeutung, die extra für die Show komponiert wurde.

Ein Mitarbeiter von Skymagic sitzt an seinem Computer, im Hintergrund die aufgestellten Drohnen
Auf der Plattform aufgereihte Drohnen mit der Stadt Zürich im Hintergrund
Ein Mitarbeiter von Skymagic beschriftet die Positionen der Drohnen auf der Plattform
Nahaufnahme einer Drohne, die auf ihren nummerierten Platz auf der Plattform gestellt wird

Ein Mitarbeiter von Skymagic steht auf der Plattform und steuert eine Drohne

Das erste Surren

So eingespielt wie die Musik ist auch das Team – pro Jahr veranstaltet SKYMAGIC an die sieben bis acht Shows – mit bis zu 700 Drohnen. Obwohl die Show am Züri Fäscht von der Anzahl Drohnen her weitaus kleiner ist, bringt der Standort auf dem Zürichsee eigene Herausforderungen mit sich. Weil das Publikum über das ganze Seebecken verteilt zuschaut, mussten für die Show einerseits Bilder programmiert werden, die von verschiedenen Perspektiven aus erkennbar sind. Und andererseits gestaltet sich die Arbeit auf dem See nicht ganz einfach. Die Plattform aus Holz ist knapp 900 Quadratmeter gross und auf Stahlträgern positioniert, die an einigen Stellen den Kompass der Drohnen beeinflussen. Entsprechend können die Drohnen nicht in einem gleichmässigen Raster platziert werden, wie es an Land der Fall wäre, sondern leicht versetzt, je nachdem, wo die Stahlträger entlanglaufen.

Nachtaufnahme von zwei Männern des Skymagic-Teams beim Planen
Ein Mitarbeiter von Skymagic sitzt abends am Computer und prüft die technischen Daten
Zwei von oben fotografierte Drohnen stehen auf der Plattform und leuchten Grün und Rot
Drohnenformation einer aufgehenden Sonne am Nachthimmel

Mit Skyguide und Seepolizei zur Himmels-Choreo

Während des Züri Fäschts wird es für die Crew dann vor allem zwischen den beiden nächtlichen Shows stressig. Am Freitag und Samstag finden jeweils zwei Aufführungen statt: Das bedeutet, dass die Drohnen innerhalb von zwei Stunden einzeln ausgeschaltet, alle Akkus herausgenommen und geladen werden sowie bei jeder Drohne die Software überprüft wird.
Doch momentan scheint dieses Szenario noch weit entfernt, und es herrscht erst mal volle Konzentration während der Probeflüge. So auch an diesem Nachmittag. 15 Minuten vor der Probe wird die Fluggenehmigung von Skyguide eingeholt und die Seepolizei telefonisch über den bevorstehenden Flug informiert. Letztere überprüft, dass sich keine Boote oder Personen innerhalb des definierten Sicherheitsabstandes befinden. Die Luft ist rein, es folgt der Countdown: 5, 4, 3, 2, 1, Start. Die Drohnen beginnen zu blinken, heben dann mit einem kollektiven Surren ab und formen erste Bilder am Himmel.

Nach einigen Stunden verabschiede ich mich von der Crew, doch ihre Arbeit ist keineswegs erledigt, denn die Proben dauern noch bis tief in die Nacht. Und tatsächlich: Als ich auf meinem Balkon stehe, um die Erlebnisse des Tages auf mich wirken zu lassen und die abgekühlte Luft zu geniessen, sehe ich die leuchtenden Drohnen am Himmel erscheinen. Und mich überkommt die Vorfreude auf das, liebes Zürich, was du an diesem Wochenende für uns bereithältst.

Übrigens: Die bisher einzige öffentliche und grösste Drohnenshow der Schweiz wird von ewz ermöglicht – und natürlich fliegen alle Drohnen mit 100% Naturstrom. Was es sonst noch alles braucht, bis 70 Chilbibetriebe, 180 Festwirtschaften, 60 Musikbühnen und 350 Marktstände mit Strom versorgt sind? Engagierte Mitarbeitende, die auch noch sicherstellen, dass mittels Glasfasern die Internetverbindung für Musikanlagen/Verstärker sowie Sicherheits-Bildschirme und Sanitätstelefone funktionieren. Alles für ein grossartiges Züri Fäscht 2019.

Die Drohnenshow ist vom gesamten Seebecken aus zu sehen:

Freitag auf Samstag
00.15 – 00.25 Uhr sowie 02.15 – 02.25 Uhr

Samstag auf Sonntag
00.15 – 00.25 Uhr sowie 02.15 – 02.25 Uhr

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Kommentare

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Bisherige Kommentare (4)
Martin sagt:

Weg mit den Feuerwerken. Luft frei für die Drohenshows

Esther Peter sagt:

Schön, dass dir die Drohnenshows gefallen haben und sie einen guten Einstand beim Züri Fäscht hatten.

RCHELIJET sagt:

Ich werde da sein und die Show Filmen.

Esther Peter sagt:

Das freut uns sehr, viel Spass! Es sieht wirklich spektakulär aus, versprochen.