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Illustration von fliegenden Drohnen und Feuerwerk über der Stadt Zürich

Es knallt und surrt am Züri Fäscht

12’000 Feuerwerkskörper und zum ersten Mal 150 Drohnen werden den Himmel am diesjährigen Züri Fäscht erleuchten. Pyrotechniker Joachim Berner und Creative Director Patrick O’Mahony sprechen im Interview über die monatelange Arbeit, die hinter den beiden Spektakeln am Himmel steckt.
von Giulia Bernardi, 26.06.2019

Giulia Bernardi: Joachim Berner, Sie sind seit bald 40 Jahren als Pyrotechniker tätig. Ist die Produktion für das Züri Fäscht aufwendiger im Vergleich zu anderen Shows?

Joachim Berner: Die Produktion ist in der Tat etwas aufwendiger. Das liegt daran, dass das Feuerwerk von fünf Booten und vier Pontons aus gezündet wird. Entsprechend begrenzt ist der Aufbauplatz, der uns zur Verfügung steht.

Hinzu kommt, dass die Zuschauerinnen und Zuschauer der Bucht entlang stehen. Das ist relativ unüblich, da ein Feuerwerk meistens von einem bestimmten Ort aus betrachtet wird. Das heisst für uns, dass die Effekte aus verschiedenen Perspektiven erkennbar sein müssen. Es gibt zwar ein Repertoire an bestehenden Effekten, auf die wir zurückgreifen können, doch rund ein Drittel der Show wurde speziell für das diesjährige Züri Fäscht produziert.

Patrick OMahony, als Creative Director sind Sie für die Drohnenshow verantwortlich: 150 leuchtende Drohnen formen anhand programmierter Flugmuster Animationen und Bilder am Himmel. Die Drohnen heben von einer knapp 900 Quadratmeter grossen Plattform auf dem See ab. Welche Herausforderungen hat das mit sich gebracht?

Patrick O’Mahony: Ähnlich wie für Joachim Berner war auch für uns die Tatsache relevant, dass sich das Publikum dem Ufer entlang befindet. Dafür haben wir dreidimensionale Bilder programmiert, die von mehreren Positionen aus erkennbar sind. Mit zweidimensionalen Bildern hätte das nicht funktioniert. Entsprechend aufwendiger war auch die Programmierung.

Für die Show kommen 150 Drohnen zum Einsatz. Sind das verhältnismässig viele?

PO: Das ist die durchschnittliche Grösse für eine Drohnenshow. Man braucht mindestens 100 Drohnen, um eine gute Geschichte zu erzählen, sprich: um Animationen und Bilder zu formen, die visuell nachvollziehbar sind. Für eine solche Show können aber bis zu 600 Drohnen eingesetzt werden. Wie viele es letztendlich sind, ist immer eine finanzielle und logistische Frage. In unserem Fall würde uns die Plattform nicht genügend Raum für mehr Drohnen bieten.

Wie kann man sich das beim Feuerwerk vorstellen, Herr Berner? Wie viele Feuerwerkskörper werden dafür gezündet?

JB: Das kann man sich so vorstellen: Am Freitag und Samstag werden rund 400 Bilder am Himmel zu sehen sein, dafür benötigen wir total etwa 12’000 Feuerwerkskörper. Ein Umfang, hinter dem viel Arbeit steckt. Unser Team hat rund zwei Monate lang mit viel Herzblut daran gearbeitet.

Wie gestaltet sich die Produktion eines so umfangreichen Feuerwerks?

JB: Wir verwenden eine Software, in der wir die Show vorbereiten. Darin können wir beispielsweise auch die Zündungen auf den Takt der Musik abstimmen, die dann vor Ort zu hören sein wird. Vieles beruht aber auch auf Erfahrung: Ich spiele das Feuerwerk gedanklich durch und weiss, welches Bild sich an welcher Stelle eignet.

Wie verläuft die Realisierung der Drohnenshow bei Ihnen, Herr O’Mahony?

PO: Jede Drohne hat ein Flug- und Lichtmuster, das wir entsprechend vorprogrammieren. Da Drohnen-Shows noch immer relativ neu sind, müssen wir unseren Kundinnen und Kunden jeweils vermitteln können, wie die Animationen am Himmel etwa aussehen werden. Das ist oft nicht ganz einfach, da viele Personen noch nie eine solche Show gesehen haben.

Dass das Feuerwerk nicht an Land gezündet wird, ist durch den Platz bedingt: In der Bucht wäre der Sicherheitsabstand zum Publikum nicht gegeben. Doch weshalb beginnt die Drohnenshow auf dem See und nicht an Land?

PO: Für diese Entscheidung war die Dauer der Show ausschlaggebend, für welche 7 bis 9 Minuten vorgesehen sind. Das ist das Maximum, bevor die Akkus wieder aufgeladen werden müssen. Würden die Drohnen vom Land aus abheben, müssten sie erstmal das Seebecken erreichen, was die Show um einige Minuten verkürzen würde.

Am Freitag und Samstag finden jeweils zwei Drohnenshows statt, mit einer rund zweistündigen Pause dazwischen. Wozu dienen die langen Pausen?

PO: Nachdem die Drohnen gelandet sind, werden die Akkus aufgeladen – die übrigens mit Naturstrom betrieben werden – und die Software wird überprüft. Ich werde während dem Züri Fäscht mit einem Team von sechs Personen vor Ort sein. Diesen Vorgang bei 150 Drohnen durchzuführen, nimmt entsprechend Zeit in Anspruch.

Unter welchen Bedingungen können Feuerwerk- und Drohnenshow nicht stattfinden?

JB: Bei Nebel verschieben wir das Feuerwerk um 30 Minuten, da man dann kaum etwas davon sieht. Ein weiterer Grund wäre starker Wind, der Richtung Publikum weht. Könnte das Feuerwerk aus wettertechnischen Gründen gar nicht stattfinden, wäre ich sehr enttäuscht. Schliesslich steckt monatelange Vorbereitung und Planung hinter dem Projekt. Die Show am Züri Fäscht ist auf jeden Fall eine unserer grössten und schönsten.

PO: Auch bei der Drohnenshow spielen Regen oder starker Wind eine Rolle. Ab einer Windgeschwindigkeit von 30 km/h müssen wir die Show verschieben. 

Welche Bewilligungen mussten für die Show eingeholt werden?

JB: Das Feuerwerk musste mitunter von der Feuer- und Seepolizei bewilligt werden. Um die Bewilligung zu erhalten, galt es beispielsweise, einen Sicherheitsabstand von 300 Metern zum Publikum zu gewährleisten.

PO: Auch bei Drohnenshows ist der Sicherheitsabstand jeweils ein grosses Thema. Dieser beträgt standardmässig 50 bis 100 Meter. Dadurch, dass sich der Start- und Landeplatz der Drohnen auf dem See befindet, ist der Abstand diesmal sogar grösser. Die Bewilligung für die Plattform mussten wir von der Seepolizei einholen, die Fluggenehmigung hingegen vom Bundesamt für Zivilluftfahrt.

Wie wahrscheinlich ist es, dass die Drohnen durch andere Signale beeinflusst werden oder mit einem Vogel kollidieren?

PO: Die Flugroute der Drohnen kann nicht durch andere Signale beeinflusst werden. Auch die Kollision mit einem Vogel ist eher unwahrscheinlich. Die Drohnen geben im Schwarm ein hörbares Summen von sich, das Vögel und andere Tiere fernhält.

Und sollte mal eine Drohne wegen eines technischen Fehlers abstürzen, wird diese per GPS geortet und von der Seepolizei eingesammelt.

Mit welchen gesellschaftlichen Bedenken werden sie beide bezüglich Ihrer Arbeit konfrontiert?

JB: Feinstaub und CO2-Emissionen sind ein grosses Thema. Allerdings sind im Rahmen des Züri Fäschts die vom Feuerwerk erzeugten CO2-Emissionen weitaus geringer als jene, die beispielsweise durch das erhöhte Verkehrsaufkommen verursacht werden. Laut einer Studie der Stiftung myclimate erzeugt das Feuerwerk 0,2 Prozent der Emissionen. Als Vergleich: Die An- und Abreise der Menschen schlägt mit 42 Prozent zu Buche.

PO: Da Drohnenshows weder Feinstaub noch CO2-Emissionen produzieren, betrifft uns diese Debatte nicht. Was im Rahmen unserer Arbeit eher relevant ist, ist die Tatsache, dass Drohnenshows relativ neu sind: Viele Personen haben eine solche Show noch nie gesehen, was für uns heisst, dass wir das Publikum erst mal auf das Thema sensibilisieren müssen. Umso schöner sind Gelegenheiten wie diese in Zürich.

Porträt von Joachim Berner
Joachim Berner (*1960 in Stuttgart, D) schloss seine Ausbildung als Pyrotechniker 1980 ab und gründete das Unternehmen IP Innovative Pyrotechnik, das er seit den 1990er-Jahren leitet.
Porträt von Patrick O'Mahony
Patrick O’Mahony (*1982 in Leeds GB) schloss sein Studium an der University of Durham ab. 2016 gründete er das Unternehmen SKYMAGIC, das sich auf die Konzeption und Umsetzung von Drohnenshows spezialisiert hat.

ewz-Engagement am Züri Fäscht

Neben der Drohnenshow wird auch das ganze Züri Fäscht mit Energie aus 100% Naturstrom versorgt. Insgesamt beliefert ewz 70 Schausteller, 180 Festwirtschaften und 350 Marktstände mit Strom. Dafür stellen rund 50 ewz-Mitarbeitende ein ganzes Netzwerk von Trafostationen, Anschlussstellen und hunderte von Klein- und Grossverteilern bereit. Rund 13 Kilometer Kabel werden verlegt, um einen Energieverbrauch von ca. 210’000 kWh zu decken – etwa der jährliche Bedarf von 60 Vier-Personen-Haushalten. 

Am Züri Fäscht schaltet ewz den Strom einmal pro Tag ab: Pünktlich zum Beginn des Feuerwerks und der Drohnenshow löschen wir die öffentliche Beleuchtung und Festbeleuchtung, um sie anschliessend viel länger brennen zu lassen – nämlich ausnahmsweise bis um 5:00 Uhr. Alles für ein grossartiges Züri Fäscht 2019.

Das klassische Feuerwerk kann unter anderem vom Strandbad Mythenquai aus besonders gut bewundert werden.

Freitag, 22.30 – 23.00 Uhr
Samstag, 22.30 – 22.50 Uhr
 
Die bisher einzige öffentliche und grösste Drohnen-Show der Schweiz – realisiert mit 100% Naturstrom – wird von ewz ermöglicht. Das Hightech-Spektakel ist vom gesamten Seebecken aus zu sehen:

Freitag auf Samstag
00.15 – 00.25 Uhr
sowie 02.15 – 02.25 Uhr

Samstag auf Sonntag
00.15 – 00.25 Uhr
sowie 02.15 – 02.25 Uhr

Sonntag von 22.00 – 22.10 Uhr (Ersatztermin bei vorangehender schlechter Witterung)

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Kommentare

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Bisherige Kommentare (4)
Teddy B sagt:

Ich fand die Drohnenshow aus sicherheitstechnischen Gründen eher grenzwertig. Wenn eine einzelne Drohne der Post über dem Zürichsee abstürzt, diskutieren die Medien darüber wochenlang. Wenn aber 150 Drohnen über dem Zürichsee und (am Rande) 2.5 Millionen Besuchern schwirren, irritiert das kaum jemanden. Das gibt mir doch etwas zu denken.

powernewz sagt:

Die Sicherheitsvorkehrungen waren gross, so dass keine Drohnenflüge über bewohntem Gebiet und dem Publikum erlaubt waren. Die Wasserschutzpolizei erstellte übrigens einen Sicherheitsring um die Start-/Landeplattform, in welchen niemand eindringen durfte. Vielleicht hast du das gesehen?

Rosmarie sagt:

Wo bleibt da der Klimaschutz? Warum die Demonstrationen, wenn trotzdem Feuerwerk abgelassen wird. Da habe ich kein Verständnis!

Esther Peter sagt:

Guten Tag Rosmarie. Dazu meinte der Sprecher des Organisationskomitees, Andreas Hugi, auf Anfrage der NZZ kürzlich: «Wenn die Show gut ankommt und der gesellschaftliche Wandel weiter voranschreitet, dann kann ich mir vorstellen, dass sich die klassischen Feuerwerke irgendwann einmal überleben werden.» Im NZZ-Artikel kannst du sehen, dass das Feuerwerk marginale 0,2 Prozent des CO2-Ausstosses ausmacht, die An- und Abreise der Besucher/-innen jedoch mit rund 42% zu Buche schlägt. Hättest du das gedacht?