Magazin Rubriken Erneuerbare Energien
Illustration von zwei menschlichen Figuren, wobei über dem Kopf der einen ein Fragezeichen schwebt und über dem der anderen ein Ausrufezeichen.

Biogas: Ernährung und Mobilität im Wettbewerb?!

Kolumne von christof drexel, 19.09.2022

Die fieberhafte Suche nach Alternativen zu russischem Gas bringt viele Varianten ins Spiel, unter anderem auch eine neue Dimension der Biogasnutzung.

Was ist Biogas, und hat es Potenzial zu einer erneuerbaren Energieversorgung (Wärme, Mobilität oder Strom) beizutragen?

«Bio» hat in diesem Fall nichts mit Umweltstandards eines biologischen Anbaus zu tun, sondern einfach nur mit der Herkunft – Gas aus Biomasse. Biogas entsteht etwa als Abfallprodukt in der Landwirtschaft, in Klärwerken und in der Lebensmittelindustrie; das Ausschöpfen dieser Potenziale ist durchaus angeraten. Leider kann man damit nur einen sehr kleinen Teil des Bedarfs decken – als Beispiel: In einer österreichischen Studie wurde ein Wert von etwa 10% ermittelt.

Biomasse als Treibstoffbasis? Keine Energiepflanzen für Biogas!

Neben diesen natürlichen Potenzialen werden aber auch eigens Energiepflanzen angebaut, um daraus flüssige oder gasförmige Treib- und Brennstoffe zu gewinnen. In Europa sind etwa Raps und Mais beliebt, im Ausland werden etwa Ölpalmen angepflanzt – oft in eigens dafür abgeholzten Regenwaldgebieten.

Nun weist der monokulturelle Anbau (das heisst, man pflanzt immer wieder dieselben Nutzpflanzen, ohne auf eine Fruchtfolge und damit auf eine nachhaltige Bewirtschaftung des wertvollen Bodens zu achten) zum einen eine schlechte ökologische Bilanz auf, zum anderen ist auch dem Klima nicht wirklich geholfen: Der Einsatz von energieintensiv hergestelltem Stickstoffdünger zur Erhöhung der Wachstumsleistung belastet die Bilanz ebenso wie die Methan- und Lachgasemissionen der überdüngten Böden.

Berücksichtigt man auch noch die Kohlenstofffreisetzung durch die Landnutzungsänderung (Acker statt Grünland oder sogar Regenwald), schneidet der «Bio»-Energieträger mitunter sogar schlechter ab als das zu ersetzende fossile Medium wie Erdgas, Benzin oder Diesel.

Ernährung und Mobilität sollten sich nicht diametral entgegenstehen

Aber damit nicht genug: Der Ukrainekrieg hat auch schmerzhaft klargemacht, dass es keine Selbstverständlichkeit ist, über ausreichend Ackerflächen für die Lebensmittelversorgung – nicht nur in Afrika – zu verfügen. Die Äcker dieser Welt sind gross genug, um alle Menschen gesund zu ernähren. Wenn wir aber unser Energieproblem auf dem Acker zu lösen versuchen, stehen «Speis und Tank» in einem gefährlichen Wettbewerb zueinander.

Die Werkzeuge für eine nachhaltige Energiezukunft

Mittelfristig kann und muss unsere Energieversorgung so umgebaut werden, dass wir auf Erdgas zur Gänze verzichten können, nicht nur auf russisches. Kurzfristig werden uns Suffizienzstrategien helfen, aber auch die rasche Hebung von Effizienzpotenzialen. Und natürlich der massive Ausbau der Erneuerbaren.

Werden in der Schweiz Energiepflanzen angebaut?

Nein. In der Schweiz wird – anders als etwa in Deutschland – klar priorisiert, landwirtschaftliche Flächen für den Anbau von Nahrungsmitteln zu verwenden. Das ist gut und bleibt hoffentlich so!

Artikel teilen

weitere Artikel

Designerin Sabina Brägger sitzt auf einem Stuhl in ihrem Atelier. Hinter ihr ein vollgestopftes Regal sowie eine Zeichnung eines Störfischs.
Fünf Designer­innen­, die in Kreisläufen denken
2000-Watt-Gesellschaft
Porträt von Matthias Sulzer.
Energie­effiziente Gebäude: Ist mehr Nutzen ohne Abstriche möglich?
Energieeffizienz
Porträt von Timur Bürki. Er sprich über den internationalen Stromhandel während der Corona Zeit.
Inter­natio­naler Stromhandel unter Druck
Versorgungssicherheit
Äpfel, Birnen, Kartoffeln und Zwiebeln in Stoffsäckchen sowie eine Stoffeinkaufstasche.
Nachhaltig einkaufen leicht gemacht: 10 clevere Tipps
Tipps
Sechs Windräder im Wasser auf offener See.
Wie Offshore-Windparks entstehen
Windenergie
Das Wasserwerk Letten mit Transmissionen für die mechanische Kraftübertragung.
Die Kraft des Wassers
Wasserkraft
Das Gebäude des Werkhof Herdern mit Blick von der Brücke aus.
Der Werkhof der Zukunft
Versorgungssicherheit
Energie sparen beim Kochen und Backen. Kochtöpfe stehen auf dem Herd. Im Hintergrund schneidet eine Frau Gemüse
Energie sparen beim Kochen und Backen 
Tipps
Kommentare

1500 Zeichen übrig

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht publiziert.