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Die 8 häufigsten Vorurteile zur Solarenergie genau beleuchtet

Zu teuer, zu ineffizient und ein echter Rohstoff-Vernichter: Solarenergie kämpft mit unzähligen Vorurteilen. Wir machen zu den 8 wichtigsten den Faktencheck.
solarenergie von powernewz, 28.05.2021

Noch wird das enorme Potenzial der Sonne in der Schweiz kaum genutzt. In der Stadt Zürich kommt beispielsweise gerade mal ein Prozent der verbrauchten Energie von der Sonne. Ursache dafür sind nicht zuletzt Vorurteile gegenüber der Photovoltaik, die sich hartnäckig in den Köpfen festgesetzt haben.

Höchste Zeit also, um mit den Vorurteilen aufzuräumen.

Solaranlage auf dem Dach eines Wohnhauses.

1. «In der Schweiz scheint die Sonne viel zu wenig für Solarenergie!»

Fakt ist: Auf die Gesamtfläche der Schweiz fallen gut 200-mal mehr Sonnenstrahlen, als die Schweiz Energie braucht. Entsprechend gross ist das Potenzial von Solarenergie von Dächern und Fassaden (Quelle: Energieschweiz). Doch es wird bisher kaum genutzt. Laut einem Report der International Energy Agency werden in der Schweiz pro Person 8 m2 Solarmodule benötigt.

Allein auf den bestehenden und geeigneten Dächern der Schweiz könnten 20 m2 pro Person installiert werden. Ermittelte Daten zeigen, dass das Potenzial bei Hausdächern bei 50 Terawattstunden (TWh) und bei Fassaden bei 17 TWh liegt. Die zusammengenommenen 67 TWh entsprechen rund 110 Prozent des aktuellen Schweizer Stromverbrauchs.

2. «Solaranlagen sind viel zu teuer!»

Fakt ist: Die Preise für Solaranlagen sind in den vergangenen Jahren stark gesunken, während der Wirkungsgrad der Module gestiegen ist. Dieselbe Menge Energie benötigt also weniger Quadratmeter Solarmodule, die zudem noch günstiger sind. Kommt hinzu, dass der Bund Vergütungen für Solaranlagen zahlt.

Ein Beispiel: Eine PV-Anlage von 30 m2 für ein Einfamilienhaus kostet rund 15’000 Franken. Abzüglich der Einmalvergütung des Bundes von 3400 Franken und den Steuerabzügen von gut 2900 Franken bleiben noch 8500 Franken. Eine Kilowattstunde (kWh) Strom kostet Solaranlagen-Besitzer/-innen von Einfamilienhäusern rund 20 Rappen, während der konventionelle Strom vom regionalen Anbieter im Schnitt über 20 Rappen pro kWh kostet.

Solarstrom ist also nicht zu teuer, sondern sogar günstiger als Strom aus der Steckdose. Dies trifft vor allem auch bei grösseren Solarstromanlagen auf Mehrfamilienhäusern oder Verwaltungsgebäuden zu, wo aufgrund von Mengenrabatten bei der Materialbeschaffung noch deutlich tiefere Solarstrompreise erzielt werden können.

Solaranlage auf einem Flachdach.

3. «Als Mieterin oder Mieter fehlt mir die Möglichkeit Solarenergie zu fördern!»

Fakt ist: Wer keine Möglichkeit hat, auf dem eigenen Dach eine Anlage zu erstellen oder Mieter ist, kann Solarstrom beim Stromversorger seiner Region beziehen. Die meisten Elektrizitätswerke haben inzwischen Stromprodukte aus erneuerbaren Quellen bzw. explizit aus Solarenergie.

Beispielsweise hat ewz im September 2020 im Bündnerischen Bergell die erste hochalpine Solar-Grossanlage in Betrieb genommen. Sie befindet sich auf der Seeseite der Albigna-Staumauer und produziert 25 Prozent mehr Energie als eine gleiche Anlage im Flachland. Damit liefert sie Strom für 210 Stadtzürcher Haushalte.

Das Beste: Mieterinnen und Mieter können den Solarstrom quadratmeterweise kaufen und sich an Solaranlagen beteiligen.

4. «Die Herstellung von Solaranlagen verbraucht viel mehr Energie, als die Anlage später produziert!»

Fakt ist: Die Herstellung, der Transport oder das Recycling einer Solaranlage benötigt Energie – man nennt sie auch graue Energie. Diese Energie können moderne Anlagen aber innert zwei bis dreieinhalb Jahren durch ihre eigene Stromproduktion kompensieren. Bei einer Lebensdauer von mehr als 20 Jahren liefern Solaranlagen also mindestens 17 Jahre lang zusätzliche erneuerbare Energie (Quelle).

In Sachen Ökobilanz schneidet Solarenergie sehr gut ab, wie ein Gutachten im Auftrag des Bundesamts für Energie und des Bundesamts für Umwelt zeigt: Eine Kilowattstunde Strom aus Solarenergie verursacht hierzulande 42,5 g CO2-Äquivalente, wobei die Produktion und Entsorgung bzw. das Recycling der Anlage miteingerechnet sind. Bei einem Gaskraftwerk sind es 598 g pro kWh, der Schweizer Durchschnitt liegt bei 136 pro kWh. Einzig Wind- und Wasserkraft schneiden mit rund 25 g pro kWh besser ab als die Sonnenenergie. (Quellen: Swissolar, Treeze, Wegatech, ZHAW/BFE)

5. «Photovoltaik-Module lassen sich nicht rezyklieren und schaden so der Umwelt!»

Fakt ist: 80 bis 90 Prozent eines Solarpanels können rezykliert werden und werden rezykliert. Dies dank des hohen Anteils an Glas und Metallen, die sich leicht trennen lassen. Abgesehen von Blei sind potenziell schädliche Stoffe wie Selen, Cadmium oder Indium nur in sehr geringen Mengen und nur in Dünnschichtmodulen enthalten.

Letztere haben gerade in der Schweiz nur einen sehr kleinen Marktanteil. Wenn sie dennoch auftreten, werden diese Stoffe separat entsorgt. Dank der vorgezogenen Recyclinggebühr werden alte Solarpanels am Verkaufsort oder an einer Sammelstelle zurückgenommen und rezykliert. (Quelle)

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Zwei Männer montieren Solaranlagepannels auf einem Dach.

6. «Solaranlagen benötigen Rohstoffe, die bald aufgebraucht sind!»

Fakt ist: Die heute üblichen PV-Anlagen bestehen hauptsächlich aus Glas, Kunststoffen, Silizium und Aluminium. Die Verfügbarkeit dieser Rohstoffe ist sehr hoch und auch bei einem massiven globalen Ausbau entstehen keine Rohstoffengpässe.

Anders sieht es beim Rohstoff Silber aus. Er ist nur begrenzt verfügbar, weshalb einerseits die benötigte Menge pro Solarmodul stark reduziert wurde und andererseits an Lösungen gearbeitet wird, die Silber durch Kupfer ersetzen.

Einzig die Halbleiter von Dünnschichtmodulen enthalten verschiedene chemische Elemente, die knapp werden könnten. Der Marktanteil solcher Module ist jedoch sehr gering. (Quelle)

7. «Solar- und Windstrom schwanken stark. Eine stabile Stromversorgung wie bei Kernkraftwerken ist nicht möglich!»

Fakt ist: Zusammen mit den bestehenden und geplanten Wasserkraftwerken ist die Schweiz fähig, Atomenergie durch Wind- und Solarenergie zu ersetzen. Diese erneuerbaren Energiequellen ergänzen sich gegenseitig, und durch immer genauere Wetterprognosen ist die Stromproduktion planbar.

Dafür muss auch nicht extra das Stromnetz ausgebaut werden, denn das Netz wurde und wird bereits ausgebaut für den intensivierten Stromhandel mit dem Ausland. Für Solarstrom braucht es deshalb nur in Ausnahmefällen einen lokalen Netzausbau. (Quelle)

8. «Solaranlagen verursachen ungesunden Elektrosmog!»

Fakt ist: Viele Haushaltsgeräte erzeugen eine ähnlich hohe elektromagnetische Strahlung wie PV-Anlagen. Die stärkste Strahlung geht vom Wechselrichter der Solaranlage aus. Eine Analyse, die das Bundesamt für Umwelt in Auftrag gegeben hat, zeigt jedoch, dass die Emissionen die gesetzlichen Grenzwerte deutlich unterschreiten. Kommt hinzu, dass nachts keine Strahlung entsteht, da keine Sonne scheint.

Letztlich verursacht ein Elektroherd in 30 cm Abstand oder ein Haartrockner in 3 cm Entfernung eine ungefähr gleich starke Strahlung wie der Wechselrichter in 50 cm Abstand. Wobei der Wechselrichter meist gar nicht im Wohnbereich installiert wird und die Distanz zu den Bewohner/-innen relativ hoch ist. (Quellen: Solarprofis, BAFU)

Hier finden Sie weitere Infos von ewz, um eine eigene Solaranlage zu bauen oder sich an einer Solaranlage zu beteiligen.

Zum Thema Photovoltaik und Eigenverbrauch (ZEV) erfahren Sie mehr in unserem Whitepaper.

Was sind CO2-Äquivalente?

Nebst Kohlendioxid (CO2) gibt es weitere Treibhausgase wie Methan oder Lachgas, die zur Klimaerwärmung beitragen. Die verschiedenen Gase wirken unterschiedlich stark auf den Treibhauseffekt. Methan hat beispielsweise eine 28-mal stärkere Klimawirkung als CO2, bleibt aber weniger lange in der Atmosphäre. Beim Lachgas ist es sogar das 265-fache.
Um die unterschiedliche Wirkung dieser Gase vergleichbar zu machen, hat das Expertengremium der Vereinten Nationen das «Globale Erwärmungspotenzial» verschiedener Gase definiert. Treibhausgasemission werden so in CO2-Äquivalente umgerechnet und können zusammengefasst werden.

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Kommentare

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Bisherige Kommentare (5)
Peter Wächter sagt:

Wie die Schwankungen der Produktion von Strom mit Photovoltaik ausgeglichen werden können, wird nur ungenügend erklärt. Zudem wäre interessant zu erfahren, wie dieser erneuerbare Strom in das Hochspannungsnetz überführt wird.

powernewz-Team sagt:

Guten Tag Herr Wächter. Hier gerne die Rückmeldung von unseren ewz-Teamkollegen: Die Schwankungen der PV-Anlagen werden durch sog. «Regelenergie» ausgeglichen, dafür existiert ein Markt, in welchem diese Regelenergie gehandelt wird. Bereitgestellt wird diese dann durch konventionelle Produktionseinheiten (wie Strom aus Wasserkraft), welche bspw. nur mit 75% Leistung am Netz sind und dann bei Bedarf noch weitere Kapazität gemäss Regelenergie-Markt bereitstellen können.

Der Weg der Elektrizität aus PV ins Hochspannungsnetz funktioniert genau gleich von der Niederspannung in die Hochspannung über die sieben Netzebenen, wie die Elektrizität, im umgekehrten Fall, von der Hochspannung zur Niederspannung, dieser Weg ist für beide Wege nutzbar.

Werner Bechtel sagt:

Der Speicherbedarf stimmt nicht laut ETH und PSI. Ca. 3 bis 4 TWh. Wasserkraft ist nur um 3 % Ausbaubar, BFE. Für Pumpspeicher fehlen die Berge, es braucht immer einen oberen und unteren Stausee. Mit Batterien würde Speicher 3 Billionen kosten, Lino Guzzella, Professor für Thermotronik und ehemaliger Präsident der ETH Zürich.

powernewz-Team sagt:

Guten Tag Herr Bechtel, vielleicht können Sie Ihren Kommentar noch etwas präzisieren? Gerne auch mit Link zu Quellen, wenn Sie Ihre Meinung für andere Leser/-innen nachvollziehbar machen möchten. Beste Grüsse, powernewz-Redaktion

Erhard Grieder-Küng sagt:

Sehr geehrter Herr Guzzella
Denken Sie bitte an ein Speicherkraftwerk wie Lindt-Limmern GL. MIT FOTOVOLTAIK..
wasserspeicher existieren schon viele in der Schweiz. UND WENN MAL DIE GLETSCHER KEIN WASSER MEHR LIEFERN sind diese als Pumpspeicher umnutzbar für die massiv auszubauende Fotostromspeicherung für die Schweiz und Europa.
Mit Gruss
Erhard Grieder-Küng