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Der Donut des Kolumbus –
ein Super-Elektromotor aus dem Hobbykeller

Aramis Ringgenberg am blödeln auf seinem gebastelten Fahrrad.
Mit schief gewickelter Spule zum effizienteren und sanfteren Elektromotor: aus dem Hobbykeller zum Sonnen-Impuls mit einem völlig neuartigen EC-Motor.

Dass gekochte Eier nicht dauerhaft haltlos auf dem Kopf stehen können, ist hinlänglich bekannt. Dass dem so ist, lässt sich mit physikalischer Gesetzmässigkeit mühelos herleiten: Eier fallen um. Ob gekocht oder roh. 1493 haute ein italienischer Seefahrer in kastilischen Diensten ein gekochtes Ei Spitz voran auf die Tischplatte – und es blieb stehen. Bis heute redet niemand von seinem seefahrerischen Ausnahmetalent, aber alle kennen das Ei des Kolumbus. «Evidenzbasiert» nennen sich Vorgänge und Ereignisse, deren Wirksamkeit auf Grund ihrer Offensichtlichkeit als nachgewiesen eingestuft werden müssen. Zumindest dann, wenn sich das Ereignis problemlos mit dem gleichen Resultat wiederholen lässt.

Mit dem neuen Elektromotor aus dem Hause RNT verhält es sich ähnlich, mit zwei Unterschieden: Der gelernte Landwirtschaftsmaschinenmechaniker Aramis Ringgenberg und der Physiker Joachim Näf hauten ihr Ei nicht vorsätzlich kopfüber auf den Tisch. Es rutschte ihnen eher aus der Hand und blieb – zu ihrer eigenen Überraschung – auf der Spitze stehen. Und ihr «Ei» machte erst Furore, als es zu Hefeteig verarbeitet war und die Form eines Donuts angenommen hatte. Im Übrigen erfüllte ihre Entdeckung aber die wichtigsten Kriterien eines Kolumbus-Eis: Bekanntes auf eine völlig ungewohnte Weise, sozusagen disruptiv, zu behandeln und so zu spektakulären Erkenntnissen zu gelangen.   

Toroidal gewickelt

Donut ist nicht unbedingt die vertrauenerweckendste Zuschreibung eines technischen Wunders, das Wohlwollen in der Elektroindustrie finden würde. Deshalb nannten die beiden ungleichen Tüftler ihren Donut «Toroid» und tauften ihre Erfindung namensgebend RNT: «Ringgenberg-Näf-Toroid».  

Ein Torus, definiert Wikipedia, sei «ein mathematisches Objekt aus der Geometrie und der Topologie. Er ist eine ‹wulstartig› geformte Fläche mit einem ‹Loch›, hat also die Gestalt eines Tennisrings, auch Rettungsrings, Reifens oder Donuts.» Und ein solcher Torus bildet das Herzstück des Elektromotors von RNT, denn auf ihm können die Kupferdrähte der Spulen speziell gewickelt werden. Ein kleiner Ausflug in die Welt der Elektromotoren mag helfen, die Kreativität hinter der Entwicklung des RNT-Motors einzuordnen.

Magnete – anziehende und abstossende Beeinflusser

Die Wirkungsweise eines Wasserkraftwerks ist einigermassen bekannt. Druckwasser treibt eine Turbine an, deren Rotation über eine zentrale Welle auf einen Generator übertragen wird. Dort wird mittels Spulen und Magneten die Rotation zu Strom verarbeitet. Ungefähr. Elektromotoren sind das exakte Gegenstück zu Stromgeneratoren. Hier wird von aussen zugeführte elektrische Energie durch elektromagnetisch induzierte Rotation in mechanische Energie umgewandelt.

Je nach Verwendung, Standort und Anforderung haben Elektromotoren unterschiedliche Funktionsweisen – mit einer Konstanten: Alle Elektromotoren basieren auf der Nutzung der Tatsache, dass sich Magnete gegenseitig beeinflussen. Sowohl für Elektro- wie auch für Permanentmagnete gilt: Gleiche Magnetpole stossen sich ab, ungleiche Magnetpole ziehen sich an. Durch dieses Wechselspiel von Anziehung und Abstossung von unbeweglichen und beweglichen Magneten entstehen Rotationen, die zum Antrieb von Fahrzeugen, Haushaltsgeräten, Robotern, Medizinalgeräten und vielem mehr genutzt werden.

So unterschiedlich die Anwendungen, so unterschiedlich die Leistungen, so unterschiedlich eben auch Geometrie, Dimension und Wirkungsweise der Elektromotoren. Die Grundstruktur des unbeweglichen Magneten, als Stator bezeichnet, der den beweglichen Magneten – Rotor – antreibt, bleibt in jedem Fall erhalten. Der Elektromotor nutzt nun die Tatsache, dass sich diese beiden Magnete, je nachdem, wie man sie zueinander ausrichtet, gegenseitig beeinflussen.

Ein technisches Gerät steht auf einer alten Werkbank.
Sicht auf ein Buch, das Brushless-Motoren erklärt.
Aramis Ringgenberg erklärt gestikulierend die Funktionsweise des Elektromotors.
Aramis Ringgenberg erklärt gestikulierend die Funktionsweise des Elektromotors.
Eine Hand auf dem Sattel des Fahrrads, zwischen dessen Rahmen der Superelektro-Motor eingebaut wurde.

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Blick auf den Laptop, der auf grauen Kisten steht. Die Kisten und der Laptop sind über Kabel verbunden.
Sicht auf einen Laptop mit selbst gebauten Verkabelungen.
Aramis Ringgenberg und Joachim Näf hantieren an den Verkabelungen ihres Laptops.
Aramis Ringgenberg und Joachim Näf stehen bzw. knien vor einem Laptop und schauen gebannt auf die darauf abgebildeten Daten.

Gegen den Strich gebürstet

Ein typisches Beispiel ist ein bürstenbehafteter Gleichstrommotor: Zwischen den Polen eines Permanentmagneten ist ein drehbares Eisenteil – der «Eisenkern» der Wicklung – gelagert, um das eine Spule aus isoliertem Kupferdraht gewickelt ist. Wenn durch die Spule ein Gleichstrom fliesst, baut die Spule mit Eisenkern ein Magnetfeld auf und wird zum Elektromagneten. Da der Elektromagnet drehbar gelagert ist, wird er sich immer so ausrichten, dass stets die ungleichen Pole der beiden Magnete gegenüberstehen. Auch wenn der Strom nicht eingeschaltet ist, bleibt der Elektromagnet in dieser Stellung stehen, da er von den magnetischen Kräften in dieser Position festgehalten wird.

Die Initiation der Rotation erfolgt, indem die abstossende Wirkung gleichgepolter Magnete durch eine Polarisierung des Elektromagneten derart erfolgt, dass die Abstossung eine Rotation einleitet.

Damit sich der Elektromagnet aber kontinuierlich weiterdreht, muss die magnetische Ausrichtung umgepolt werden. Dies erreicht man, indem man einfach die Stromrichtung in der Spule ändert.

Kurz bevor der Elektromagnet die optimale Ausrichtung erreicht hat, wird der Strom über den Schleifkontakt zwischen Bürste und Schleifring abgeschaltet und gleich darauf mit umgekehrter Polung wieder eingeschaltet. Mit der umgekehrten Stromrichtung polt sich auch das Magnetfeld des Elektromagneten um.

Sind sich die Funktionsweise von Elektromotoren grundsätzlich ähnlich, so liegen die Arten der Stromzuführung sowie die Übertragung der elektromagnetischen Impulse, die die erforderliche mechanische Leistung initiiert, mitunter weit auseinander.

Interessierten Laien bekannt sind der synchrone und der asynchrone Wechselstrommotor, der Gleichstrommotor oder der Allstrommotor. Auf technische Details soll im Folgenden nur insofern eingegangen werden, als es für die Erklärung der Einmaligkeit des RNT-Motors notwendig ist.

Einblicke in die Werkstatt.

Eisenkernlos

Der RNT-Motor gehört zu denjenigen Gleichstrommotoren, bei denen die Umrichtung des Stroms nicht über Schleifkontakte, sondern mittels «Elektrokommutierung» geschieht. Der Gleichstrom, der aus der Batterie fliesst, wechselt die Richtung nie. Die Information über die Richtung des Stromflusses kann über die sogenannte Bürste oder über die Elektronik passieren. Damit kann gesteuert werden, in welche Richtung der Strom fliesst. Ob das nun mit Bürste oder ohne Bürste geschieht: Wichtig ist, dass der richtige Impuls im richtigen Moment in der richtigen Richtung erfolgt.

Allerdings haben Bürstenmotoren grundsätzlich den Nachteil, dass ihr Verschleiss sowohl an Material (Bürsten nützen sich ab) als auch an Energie (Funken, Erhitzung) ihre Effizienz beschränkt.

Der RNT-Motor ist also ein elektronisch kommutierter, bürstenloser Gleichstrommotor. Das allein ist zwar effizient, aber noch nichts Revolutionäres. Wichtig ist vielmehr: Der RNT-Motor verzichtet auf die sonst häufig verwendeten Eisenkerne für die Wicklung.

Von zerzausten Metallen und rumkommandierten Rekruten

Diese Eisenkerne dienen dazu, das Magnetfeld des Elektromagneten zu verstärken und an gewünschte Stellen zu führen. Sie haben aber auch einen signifikanten Nachteil: den sogenannten Hysterese-Verlust. Ein kleiner Ausflug in die Welt der Rekruten macht diese Wirkung mit dem griechischen Namen Hysteresis (mit der Bedeutung «Nachwirkung») fassbar. Ein Metall ist nicht per se magnetisiert. Seine atomare Struktur befindet sich tendenziell im Zustand der Zerzaustheit, denn die elektrische Ausrichtung von Atomen des Elementarmagnets – bestehend aus Eisen, Kobalt und Nickel – ist nicht zwangsläufig einheitlich. Erst durch das Anlegen eines Magnetfeldes – die eigentliche Magnetisierung – richten sich sämtlich Atome in die akkurat selbe Richtung aus. Wie bei Rekruten, die stramm stehen vor ihrem Kommandanten. Ohne weitere Beeinflussung bleibt ein einmal ausgerichteter Magnet dauerhaft in diesem Zustand. Wenn nun der Pol elektromagnetisch gesteuert auf die andere Seite wechselt, dann geht es einen Moment lang – nun ja: eben wie bei Soldaten, deren Kommandant plötzlich auf der anderen Seite steht und erneut die Habachtstellung einfordert: Einen Moment lang herrscht Chaos, bis alle wieder in Reih und Glied stehen.

Chaos beim Umpolen

Physiker schildern diese Hysterese erwartungsgemäss professioneller und akkurater: Hysterese tritt bei vielen natürlichen und technischen Vorgängen auf, insbesondere bei der Magnetisierung eines Magneten, in der Regelungstechnik und in der Kybernetik. Typisch für Hystereseverhalten ist das Auftreten einer Hystereseschleife, die entsteht, indem man die verursachende Grösse zwischen zwei verschiedenen Werten hin- und herbewegt.

Das bekannteste Phänomen ist das Hystereseverhalten eines Ferromagneten in einem Magnetfeld: Wird ein nicht magnetisierter Ferromagnet einem externen Feld ausgesetzt und dieses danach ausgeschaltet, so behält der Ferromagnet je nach Polung des externen Feldes eine positive oder negative Magnetisierung.

Kein Rastmoment – kein Problem

Ein weiterer, ebenfalls unerwünschter Nebeneffekt ist das Rastmoment. Es entsteht bei eisenkernbehafteten Elektromotoren durch die magnetische Anziehungskraft zwischen dem Eisenkern, der Wicklung und dem Permanentmagneten des Rotors. Die üblicherweise bei Elektromotoren eingesetzten Weicheisenkerne lassen sich zwar einfach im Magnetismus umpolen, sie enthalten aber Werkstoffe, die von Permanentmagneten grundsätzlich angezogen werden.

Im Ruhezustand wird immer mindestens ein Polschuh von den im Motor befindlichen Permanentmagneten angezogen. So wird der Rotor in seiner Lage durch die magnetische Wechselwirkung von Permanentmagneten und Weicheisenpaket gehalten. Die Kraft, um diese Wechselwirkung zu überwinden, wird als Rastmoment bezeichnet. Ein weiterer Nachteil des Rastmoments für die praktische Anwendung in einem E-Bike beispielsweise ist die leichte Hinderung zu drehen. Der RNT-Motor hat keinen Eisenkern, entsprechend gibt es auch kein Rastmoment.

Was sind denn nun die geheimen Kräfte, die dafür sorgen, dass der RNT-Motor ohne Eisenkerne und ohne traditionelle Kommutierung Bikes und Scooters ohne Anschubhilfe und ohne Ruckeln in Bewegung versetzen kann?

Porträtaufnahme von Aramis Ringgenberg und Joachim Näf mit ihrem Fahrrad mit Elektromotor.

Die Wicklung auf dem Rettungsring

Die eigentliche Besonderheit des RNT-Motors ist die spezielle Form der Wicklung, die einfach herzustellen ist. Sie ermöglicht eine gute Ausnutzung der Wicklungsdrahtlänge zur Erzeugung des Drehmoments und bietet gleichzeitig genügend Platz für eine Wasserkühlung.

Der Strom, der Elektromotoren zur Rotation veranlasst, wird normalerweise mehr oder weniger raffiniert gewickelten Spulen zugeführt. Auch die Anzahl der Spulen ist unterschiedlich. Damit ein Motor einigermassen gleichmässig rundläuft, braucht es mehrere Spulen. Weit verbreitet ist die Verwendung von mindestens drei Spulen, denn so wird verhindert, dass ein ruhender Magnetpol durch eine zu starke Anziehung des drehenden Magnetpols die Rotation verzögert. Man redet von dreiphasigen Motoren, die Anzahl der Spulen beträgt drei oder ein Mehrfaches davon. Die Steuerung des Motors kann beeinflusst werden, indem Zeitpunkt, Richtung und Stärke des Stromes unterschiedlich in den drei Spulen wirken.

Die Wicklung der Spulen im RNT-Motor erfolgt über einem sogenannten Torus, einem Gebilde, das einem Rettungsring oder eben einem Donut ähnelt. Wicklungen um einen Torus werden gemeinhin als Ringspule, im Rahmen von Elektromotoren auch als toroidale Wicklung, bezeichnet. Diese RNT-Wicklung ist keine Hexerei, sondern eine neuartige Anordnung von Bekanntem.

Konkret liegen bei der Wicklung drei Ringspulen nebeneinander auf dem gleichen, torusförmigen Wicklungskern. Obwohl dieser Wicklungskern kein Eisen enthält, liefert der RNT-Motor genügend Drehmoment, um mit Scootern und Bikes aus dem Stand heraus loszufahren.

Aramis Ringgenberg schliesst seinen blauen Helm und blickt dabei in die Kamera.
Aramis Ringgenberg am blödeln auf seinem gebastelten Fahrrad.
Aramis Ringgenberg am blödeln auf seinem gebastelten Fahrrad.
Sicht auf den im Fahrrad eingebauten Elektromotor, während Aramis fährt.
Ausschnitt von Fahrrad und Unterkörper, während Aramis Fahrrad fährt.
Aramis Ringgenberg und Joachim Näf testen draussen auf einem Feldweg ein Fahrrad, das mit ihrem Elektro-Motor versehen wurde.
Aramis Ringgenberg kniet vor dem Fahrrad und richtet seinen Blick auf Joachim Näf, der jedoch nicht im Bild sichtbar ist.

Die Lorentzkraft

Aufgrund der komplexen Geometrie der Wicklung wird zur Erklärung der Funktionsweise nicht die Anziehung und Abstossung von Magnetpolen herangezogen. Sehr häufig wird zur Erläuterung der Funktion von Elektromotoren die Lorentzkraft verwendet – sie ist auch für den RNT-Motor die treffende Wahl.

Die Lorentzkraft, so die Definition, ist die Kraft, die eine bewegte Ladung in einem magnetischen oder elektrischen Feld erfährt. Ein Magnetfeld übt dabei Kraft auf bewegte Ladungen aus. Die magnetische Komponente der Kraft ist dann am stärksten, wenn die Bewegungsrichtung der Ladung senkrecht zu den magnetischen Feldlinien verläuft. Umgekehrt ist sie null, wenn die Ladung sich entlang einer Feldlinie bewegt. Sie wirkt immer senkrecht zur Bewegungsrichtung der Ladung und zu den Magnetfeldlinien.

In Elektromotoren heisst das konkret: Die Lorentzkraft ist die resultierende Kraft, die senkrecht zu den magnetischen Linien des Wicklungsdrahts steht. Gemäss dem Wechselwirkungsprinzip erfährt der durch das Magnetfeld des Wicklungsdrahts beeinflusste Magnet die Kraft in entgegengesetzter Richtung zur Lorentzkraft. Konkret: Im RNT-Motor ist der Wicklungsdraht Teil des Stators, also fixiert, während der Magnet als Teil des Rotors – und damit beweglich – ist und also eine Beschleunigung erfährt.  

RNT-Motor als Produkt von positiven Eigenschaften

Der RNT-Motor verfügt – wenn man seine Einzigartigkeiten in einem Satz zusammenfassen will – über drei Ringwicklungen, die je einer Phase zugeordnet werden können. Er ist ein elektrokommutierter Motor und benötigt für den Betrieb eine Steuerung. Diese kann je nach Art der Steuerung zusätzliche Sensoren benötigen. Der Motor weist wie viele elektrokommutierte Motoren ein hohes Anlaufdrehmoment auf. Da der Kern der Wicklungen nicht aus einem ferromagnetischen Material besteht, entfallen Hystereseverluste und Rastmoment. Der Motor vereint damit die positiven Eigenschaften von elektrokommutierten und asynchronen Motoren.

So weit, so gut, nur: Wie kamen die beiden ungleichen Partner darauf, alle zwar bekannten, aber in dieser Anordnung noch nie erprobten Komponenten von elektrischen Motoren in dieser Motorengeometrie zu vereinen?

Die eigene Welt gebaut – um halb drei in der Nacht

Und damit zurück zur Entdeckung des italienischen Seefahrers und zur Behauptung, den RNT-Entwicklern sei ihr Ei eher ungeplant und überraschend auf der Spitze stehengeblieben.

Er sei in Sachen Physik eher metaphysisch unterwegs, gibt der Landwirtschaftsmaschinenmechaniker und Autodidakt Ringgenberg unumwunden zu. Er mache sich seine eigenen Gedanken und Realitäten. Die Schulphysik wisse auch nicht alles, meint Ringgenberg lachend.

Ich habe mir dann einfach einmal eines Nachts gedacht, ich könnte ja eine Spule auch mal anders wickeln. «Ich habe damals die Lorentzkraft nicht gekannt. Joachim hat mich ermuntert, auch Dinge auszuprobieren, die unüblich sind. Wie eben eine Wicklung so zu wickeln, wie ich mir das vorstelle, einfach machen, und nicht erklären. Try And Error. So sei er nachts um halb zwei aufgestanden, habe sich einen Karton geschnappt und brav Drehung um Drehung gewickelt. Eine erste Phase, dann darüber eine zweite Phase und darüber eine dritte Phase. Das sind drei ineinander verarbeite Phasen. Dann habe er das Ding an den Strom angehängt. «Und siehe da: Der Motor lief.»

Eppur si muove

Aus diesem an sich eher aus mysteriösen Gründen laufenden Motor entwickelten die beiden nach und nach einen Motor, dessen Effizienzbereich regelmässig Spitzen von gegen 95% erreicht. Und ein Motor, dessen Power Ringgenberg bei unserem Besuch stolz – und vor allem überzeugend – mit einem wilden Ritt auf seinem präparierten Fahrrad vorführte.

Den Weg vom RNT-Velo zum allenfalls kommerziell nutzbaren RNT-Motor möchten Ringgenberg und Näf nur mit einem geeigneten Partner gehen, der Erfahrung in der Produktion und Ansteuerung von elektronisch kommutierten Motoren hat. Eine Möglichkeit dazu könnte sich im Netzwerk von Bertrand Piccards «Solar Impulse Foundation» ergeben. Nicht nur, aber auch wegen dessen Lebensmotto, «das Unmögliche zu erreichen».

Aramis Ringgenberg hat das Fahrrad bestiegen, Joachim Näf steht daneben. Beide blicken auf den Elektromotor.
Aramis Ringgenberg hat das Fahrrad bestiegen, Joachim Näf steht daneben. Beide blicken auf den Elektromotor.
Nahaufnahme des Rahmens, in dessen freier Zwischenfläche der Elektromotor eingebaut ist.
Nahaufnahme des Hinterrads, das verkabelt wurde.
Aramis Ringgenberg und Joachim Näf laufen plaudernd mit ihrem Fahrrad von der Kamera weg.

Journalisten – dies eine Randbemerkung quasi in eigener Sache – sind Tänzer, die am Morgen einen Tangokurs besuchen und am Nachmittag als Tangotanzlehrer ihr Geld verdienen. Das ist so lange statthaft, bis ein Tanz so schwierig zu verstehen ist, dass der Lehrer seine Kür zu verstolpern droht.

Ich bin im Laufe dieses Textes gestolpert. Mehrfach. Dass der RNT eine tolle Sache ist, kann ich – sozusagen evidenzbasiert – bestätigen. Ich war bei der Demonstration dabei. Aber weshalb er genau läuft – nun ja. Die Herren Ringgenberg und Näf haben sich bereit erklärt, ihre Dokumentation zum Aufbau und zu den technischen Daten ihres Motors für interessierte Leserinnen und Leser zur Verfügung zu stellen. Sie sind auf der Website www.r-n-t.ch abrufbar, Nachfragen sind auf info@r-n-t.ch gut aufgehoben.    

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